Chronologie des Frauenstimm- und -wahlrechts
Am 7. Februar 1971 stimmten die Schweizer Männer an den Urnen der Verfassungsänderung zu, dass künftig alle Schweizerinnen die gleichen politischen Rechte wie sie haben (65,7 % Ja zu 34,2% Nein). Seither dürfen Schweizer Frauen auf eidgenössischer – und in Zug von nun an auch auf kantonaler Ebene – wählen und abstimmen.
Allerdings ist es vor allem den mutigen und engagierten Schweizer Frauen und ihrem jahrzehntelangem Kampf zu verdanken, dass das Thema Gleichstellung immer wieder auf die politische Tagesordnung gebracht und alle Kräfte mobilisiert wurden, um die Mehrheit der Bevölkerung und der Stände zu überzeugen. Wie die Chronologie zeigt, endete der Weg zur Gleichstellung von Frau und Mann jedoch nicht mit der Abstimmung 1971. Auch heute gibt es noch viel zu tun.
Die Chronologie zum Kanton Zug wurde von der Historikerin Stephanie Müller zusammengestellt.
Im Kanton Zug
1832 |
Gründung des «Frauenhülfsvereins» in der Stadt Zug, Frauen unterstützen Hilfsbedürftige jeder Art.
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1913 |
Gründung des «Zuger Kantonalen Frauenbundes» (ZKF).
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1958 |
Gründung der «Freisinnige Frauengruppe des Kantons Zug» unter Heidi Imbach und der «Zuger Gruppe der Staatsbürgerlichen Vereinigung katholischer Frauen» (STAKA). Konkrete politische Vorstösse wurden von beiden Gruppen nicht initiiert.
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1959 |
Die eidgenössische Volksabstimmung zur Einführung des Frauenstimm- und -wahlrechts wird in Zug mit 75,7% Nein- und 24,3% Ja-Stimmen abgelehnt. [1]
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1965 |
Der Kantonsrat reicht beim Regierungsrat eine Motion und ein Postulat für die Einführung des Frauenstimmrechts auf kantonaler Ebene ein. Diese blieben erfolglos.
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1969 |
Die «Zuger Frauenzentrale» wird unter der Leitung von Heidi Imbach als direkteste Folge der verlorenen Abstimmung von 1959 gegründet. Erste Präsidentin ist Erika Farkas-Kündig. Die Frauenzentrale wird Dachorganisation der mittlerweile 17 regionalen Frauenorganisationen im Kanton Zug. Vor der Abstimmung 1971 führt sie eine Vortragsreihe unter dem Motto «Mitverantwortung» für zukünftige Stimmbürgerinnen durch. Kurz vor der Abstimmung lädt die Frauenzentrale Emilie Lieberherr (erste Stadträtin der Stadt Zürich) und Trudi Gerster (Grossrätin Basel-Stadt) ein. [2]
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1970 |
Im Juni unterbreitete die Regierung dem Kantonsrat eine Vorlage für das integrale Frauenstimm- und Wahlrecht im Kanton und in den Gemeinden. Alle Fraktionen im Kantonsrat stimmen der Vorlage zu.
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1971 |
Vor der Wahl stecken alle zugerischen Frauenorganisationen Schoggiherzen auf Karton an Männerbrüste – quasi als süsses Dankeschön im Voraus für ein allfälliges Ja. Treibende Kräfte für das Frauenstimmrecht in Zug waren folgende Frauen: - Greth Henggeler - Stefanie Arheit [3] - Klara Horber [4] - Margrit Opprecht-Zellweger [5]
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1971 |
Die kantonale Abstimmung folgte sogleich mit der nationalen Abstimmung am 7. Februar 1971. Beide Vorlagen wurden mit Zweidrittelmehrheit angenommen. Die Zugerinnen erhielten am selben Tag ihre politische Rechte in Gemeinde, Kanton und Bund. [6] [7]
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1971 |
Drei Wochen nach der Abstimmung stellt sich beim Chamer Einwohnerratsersatzwahl vom 28. Februar erstmals eine Frau den Stimmbürger:innen.
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1971 |
Am 6. Juni 1971 konnten die Zuger Frauen zum ersten Mal auf eidgenössischer Ebene abstimmen.
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1974 |
Erste Neuwahlen der Legislative und Exekutive auf Gemeinde- und Kantonsebene. Gewählt werden sechs Frauen in den Gemeinderat der Stadt Zug. Margrit Spillmann (FDP) wird erste Zuger Kantonsrätin.
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1981 |
Zehn Jahre nach dem Erhalt des Stimmrechts haben die Frauen in den Behörden nur in geringem Mass Sitze gewinnen können. Regierungsrat = 0 von 7, Kantonsrat = 4 von 80, GGR Zug = 8 von 40.
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1982 |
Erste Frauen erobern Gemeinderäte in Zuger Gemeinden: in Steinhausen Klara Landolt (SP) und in Menzingen Anna Maria Staub (FDP).
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1984 |
Margrit Spillmann (FDP) wird erste Zuger Stadträtin.
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1977 |
Gründung der «Organisation für die Sache der Frau» (OFRA Zug). Die OFRA Zug hat bis heute Bestand, obwohl sich die Mutterorganisation OFRA Schweiz 1997 auflöste. Die OFRA Zug ist heute nicht mehr sehr aktiv.
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1991 |
Der erste Frauenstreik findet am 14. Juni ebenfalls in Zug statt. Dies als Reaktion darauf, dass auch zehn Jahre nach der Verankerung des Gleichstellungsartikels in der Bundesverfassung die Lohnungleichheit weiterbestand.
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1991 – 1995 |
1991 führt der Kanton Zug das «Büro für Gleichstellung von Frau und Mann» ein, welches bereits nach vier Jahren wieder geschlossen wird. Ein jahrelanger Kampf um die Umsetzung der Gleichstellung von Mann und Frau im Kanton Zug entfacht. [8]
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1995 |
Der erste Stadtrundgang mit dem Thema «Von Lehrgeld und Himmelslohn» des neu gegründeten Vereins «Frauenstadtrundgang Zug» findet statt.
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2019 |
Der zweite nationale Frauenstreik am 14. Juni findet grossen Anklang: Auch in Zug demonstrierten über 500 Personen für die Gleichstellung.
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2020 |
2020 reichen Politiker:innen einen Vorstoss ein, der eine «Fachstelle für Gleichstellung» zum Ziel hat. Dieser wird vom Kantonsrat abgelehnt.
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[1] Tabelle in Zuger Nachrichten, 2. Februar 1958.
[2] Vgl. Artikel in Zuger Tagblatt, 1. Februar 1971.
[3] Vgl. Artikel in Neue Zuger Zeitung, 7. Februar 1996.
[4] Vgl. Artikel in Neue Zuger Zeitung, 5. Februar 2001.
[5] Vgl. Artikle in Neue Zuger Zeitung, 26. Februar 2011.
[6] Tabelle in Zuger Nachrichten, 8. Februar 1971.
[7] Eine kurze, aber dennoch gute Analyse zu den beiden Zuger Abstimmungen 1959 und 1971 macht Rhea Hoorn in ihrer Maturaarbeit «D Zyt isch do: Die Diskussion über die Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts im Kanton Zug» (2019). Bibliothek Zug, Signatur: ATBq 4330.
Informationen zu den Bildern:
[1] Logo zu 50 Jahre Frauenstimm- und -wahlrecht Zug 2021. Grafik: Regula Meier.
[2] Margrit Spillmann (*1944), die erste Zuger Kantonsrätin und Stadträtin. (Zuger Frauengeschichte(n). Hrsg. Zuger Frauenzentrale. Zug 1992, Seite 121).
[3] Pussyhat der Hünenbergerin Virginia Köpfli, Mitorganisatorin des Frauenstreiktages vom 14. Juni 2019. (Museum Burg Zug, Inventarnummer 17048).
[4] Titelseite des Zuger Frauenkalenders «Frauenstimmen - Frauen stimmen» des Stadtarchivs Zug.
[5] Starke Frauen in der Bibliothek Baar, Februar 2021.
In der Schweiz
Die Etappen des langen und steinigen Weges bis zur Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Frauen auf nationaler Ebene können Sie hier nachlesen:
Informationen zu den Bildern:
[1] 50 Jahre Frauenstimm- und Wahlrecht, Einzelmarke, Die Post
[2] 50 Jahre Frauenstimm- und Wahlrecht, Kleinbogen, Die Post
[3] Ab ins Bundeshaus. 50 Jahre Frauenstimmrecht: Das Schweizer Leiterlispiel, von Isabel Koellreuter, Anna Kriesemer und Franziska Schürch (Hier und Jetzt, 2020), https://www.abinsbundeshaus.ch, https://www.hierundjetzt.ch/de/catalogue/ab-ins-bundeshaus_2000032